INTERAKTIVES STORYTELLING |
23.12.2002 |
Reporter lassen sich
durch die Republik lotsen |
Von Fiete
Stegers | Homepage |
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Vier Wochen lang waren sie zu viert in Deutschland
unterwegs. Tagesziel jeweils: eine Reportage, 100 Fotos und
ein Video. Zusätzliche Etappenhürde: die dauernde
Suche nach einem DSL-Anschluss für den abendlichen Upload.
Einzig ein eigener Satellitenanschluss fehlte dem Team von
RoadTV auf seiner Reise, deren Ergebnis eine interaktive Reportage
im Auftrag von Spiegel Online ist.
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Eine interaktive
Karte zeigt, welche Orte die Nutzer dem Team vorgeschlagen
haben. (Screenshot: Fiete Stegers) |
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Das Team von Road TV: vier Burschen um die 30, äußerlich
Haupstadt-Slacker, wie sie jeden New-Economy-Film perfekt
illustriert hätten. Mit auf die Reise nahmen sie eine
gute Portion großstädtische Ironie, ohne abzugleiten
in hauptstädtische Blindheit für den Rest der Republik.
Die wollten sie im Oktober 2002 für ihr Projekt "deutschlandReise"
durchstreifen. Wohin sie die Reise führte, wurde erst
immer kurzfristig festgelegt: Im Forum auf der "deutschlandReise"-Website
sammelten sie die Vorschläge einer eifrigen Nutzer-Community.
So brauste das Team zu einem kitschigen Wallfahrtsort, durchstreifte
Leipzigs Nachtleben und fuhr ein Stück mit einen Binnensschiffer.
Neben einer Textreportage produzierten das Team jedem Tag
eine Slideshow mit 100 Fotos in einem PopUp-Fenster - und
ein Video. Geschnitten wurde am G4 in einem VW-Bulli - laut
RoadTV "bei 150, 160 der schnellste Schnittplatz Deutschlands".
Die Videos stellen - nicht nur wegen den üblichen Abstrichen
aufgrund von Übertragungsproblemen - den schwächsten
Einzelteil der Multimediakomposition dar. Zwar verbergen sie
ein Paar exquisite O-Ton-Sequenzen mit Interviewpartnern,
aber die Bewegbildern können
im kleinen, ruckelnden Bildschirmformat einfach nicht vernünftig
wirken. Und in einigen Videos nervt die Vivaplus-Methode:
"Hallo-hier-Reporter-vor-Ort-ich-geh-hier-rum-und-frag-mal-was"-Style.
DV-Kameras und Schnittsystem ließ sich RoadTV von den
Herstellern sponsern. Auch bei Serverinfrastruktur und Fahrzeugen
unterstützen sie freigiebige Firmen. Der Bericht über
das VW-Werk in Hannover und dessen futuristische Auto-Inszenierung
wirkt dennoch nicht wie eine Werbung für den Sponsor.
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Schlicht gegliedert:
Von der Homepage führt ein Teaser auf die Text-Reportage
des jeweiligen Tages. Von dort sind Foto-Galerie
und Video verlinkt. Eigene Rubriken sind neben den
Reportagen das Forum, die Karte sowie allgemeine
Infos. (Screenshot: Fiete Stegers) |
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Überhaupt Hannover: Über anderen deutschen Ort
gingen die Meinungen der Diskutanten im Forum der Website
soweit auseinander wie über die Niedersachsen-Metropole.
Den meisten Hannoveranern gefällt's in ihrer Stadt aber
sehr gut, läßt sich aus der Reportage schließen.
Im vermeintlich idyllischen Heidelberg machten die Deutschlandreisenden
Beobachtungen auf einer Sexparty im Industriegebiet. Zu lesen,
sehen und hören sind außerdem Berichte über
ihre Begegnungen mit Roger Willemsen (der für ein Buch
ebenfalls Alltagsleben in Deutschland beobachtete), Überlebensguru
Rüdiger Nehberg und einen 26-jährigen Bordellbesitzer
in Hamburg.
Eine interaktive Karte zeigt, welche Orte die Nutzer dem
Team vorgeschlagen haben. Die tatsächliche Reiseroute
und ihre Stationen hätten dort aber etwas markanter gekennzeichnet
sein. Auch die Sammlung an Info-Links rund um die Reportagenthemen
könnte größer sein. Aber zur Linkrecherche
blieb dem Team im Dauereinsatz wahrscheinlich einfach nicht
genug Zeit.
Nächstes Projekt des Teams ist eine Europareise. Dafür
ist Jörg Pfeiffer von RoadTV derzeit auf der Suche nach
einem Kooperationspartner aus dem Fensehbereich: "Die Europareise
ist konzipiert als eine Anwendung mit zwei verschiedenen Interfaces
- es wird die Stärken des Fernsehens nutzen, um sie mit
den Interaktionsmöglichkeiten des Internet zu kombinieren."
Fazit der Deutschlandreise: Sehr gute Idee, starke Interaktion
und Multimedialität mit kleinen Schwächen in der
Ausführung.
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