Kamera, Stativ, Mikrofone, Beleuchtung und Computer samt
Schnittsoftware - all das gehört zur Standardausrüstung
eines Videojournalisten. Doch was muss die Technik leisten,
um als Videojournalist sendetaugliches Rohmaterial sammeln
und für das Fernsehen aufbereiten zu können?
Ein Überblick über das Notwendigste.
Videojournalisten müssen "ihr technisches Gerät
perfekt beherrschen, um unter Streß in Sekundenschnelle
die richtigen Bilder einzufangen." (Massow
2000, 209) Ihre Ausrüstung sollte "von einer Person
nicht nur bedient, sondern auch ohne große Anstrengung
transportiert" werden können (Voßgätter/Müller
2003, 110). Wolf bezeichnet
Videojournalisten
daher als "Medien-Ich-AGs, die nun wiederum den
Rucksackproduzenten ähneln" (Wolf
2003, 14).
Die Kamera
Zurzeit sind unter Videojournalisten sog. DV-Kameras sehr
verbreitet (vgl.
Kliebhan 2004, 22f.; Voßgätter/Müller
2003, 107ff.; Wegner
2004, 14ff.). DV ist die Abkürzung
für Digital
Video. Das Format wurde 1996 von Sony im
Amateurbereich eingeführt, gilt im Hinblick auf die
Bildqualität aber dem im Profibereich verbreiteten
Format Betacam
SP als überlegen (vgl.
Kandorfer 2003, 135). In der TV-Branche wird es jedoch oft unterschätzt
und "mit kleinen wackeligen Kameras gleichgesetzt" (Voßgätter/Müller
2003, 107).
Nowara (2001a,
22) beschreibt DV als "Konsumer-Format
mit Broadcast-Qualität",
das sich bei Sendeanstalten wegen seiner niedrigen Kosten "nicht
nur im News-Bereich durchgesetzt hat, sondern auch dabei
ist, dies im Bereich Dokumentarfilm zu tun." Wegner
geht sogar davon aus, dass der Beruf Videojournalist "erst
mit der DV-Technologie entstanden" (Wegner
2004, 16ff.) ist. Dem ist allerdings entgegen zu halten, dass Videojournalisten
bereits in den 90er Jahren sowohl beim Ballungsraumsender
Hamburg
1 mit Betacam-Kameras als auch beim lokalen Nachrichtensender New
York 1 teilweise mit Amateurkameras gearbeitet haben
(vgl. Belz/Haller/Sellheim
1999, 93ff.; Lorenzkowski
1995, 35).
Voßgätter/Müller (2003,
111f.) unterteilen
die aktuell am Markt erhältlichen DV-Kameras in vier Kategorien:
- Ein-Chip-Kameras in der Größe einer Zigarettenschachtel,
die sich höchstens für das Anfertigen versteckter
Aufnahmen eignen;
- Ein-Chip-Kameras mit größerem Gehäuse,
die eher im Privatbereich einsetzbar sind;
- kompakte Drei-Chip-Camcorder, die eine höhere Bildqualität
erzielen und von den meisten Videojournalisten eingesetzt
werden;
- professionelle Drei-Chip-Schulterkameras, die wie die
im Fernsehbereich üblichen Betacam-Kameras aussehen,
vergleichbar viel Geld kosten und wegen ihrer Größe ähnlich
zu bedienen sind.
Kliebhan (2004,
22ff.) bezeichnet die dritte
Kategorie als "Prosumer-Kameras", mit denen auch
die Videojournalisten des Hessischen Rundfunks arbeiten.
Bei
der Auswahl der Geräte wurde
darauf geachtet, dass sie folgende Eigenschaften erfüllen:
- Die Kameras müssen eine gute Bildqualität liefern,
möglichst schon im vollautomatischen Modus.
- Neben
dem vollautomatischen Modus müssen wesentliche
Bild-Parameter (Blende, Belichtungszeit, Schärfe,
Weißabgleich) vom Journalisten manuell einstellbar
sein.
- Der Ton sollte ebenfalls
manuell zu pegeln sein, idealerweise beide Kanäle
voneinander getrennt; separate Mikrofone sollten über
die im Fernsehbereich üblichen XLR-Steckverbindungen
angeschlossen werden können.
- Der leichten Bedienbarkeit halber sollte die Zahl der
Knöpfe
und Schalter möglichst gering sein; unnötiger technischer
Ballast sollte nicht vorhanden sein, d. h. vor allem keine
spielerischen Digital-Effekte, mit denen die Bilder schon
beim Dreh verfremdet werden können.
- Das Objektiv sollte möglichst weitwinklige Aufnahmen
ermöglichen, sei es serienmäßig oder
durch eine zusätzlich aufschraubbare Erweiterung.
Der Hessische Rundfunk hat sich daher für die Panasonic
AG-DVX100 entschieden, da sie im
Vergleich zu den Mitbewerbern Sony
VX 2000 und Sony
PD 150 relativ einfach zu handhaben ist. Die Kamera erfordere
den geringsten Schulungsaufwand für
die Videojournalisten (vgl.
ebd.).
Das TV-Medienunternehmen
AZ-Media in Köln setzt für die Ausbildung
seiner Videojournalisten-Volontäre zurzeit
die Sony
PD 150 ein, weil sie auf überflüssige
Funktionen von Amateurkameras verzichtet, über
professionelle Audio-Anschlüsse verfügt, den Blick
durch einen hochauflösenden Schwarzweiß-Sucher
ermöglicht sowie optional im DVCAM-Format aufzeichnen
kann (vgl.
Voßgätter/Müller 2003, 109f.).
Nowara hebt dieselben Vorzüge hervor, verweist aber
auf die Canon
XL 1. Sie ist zurzeit die einzige
Kamera im DV-Segment, die über eine komplett
auswechselbare Optik verfügt und daher sehr variabel
einsetzbar ist (vgl.
Nowara 2001b, 93). Der Nachfolger, die
Canon
XL 2, verfügt über vier Audio-Anschlüsse,
zwei davon entsprechen dem XLR-Standard. Und im Vergleich
zum Vorgänger verfügt sie über ein kleines,
ausklappbares LCD-Display - unverzichtbar für Videojournalisten.
Auch Wegner empfiehlt
Videojournalisten, mit einer Kamera aus dem Prosumer-Segment
zu arbeiten. Die Auswahl sollte sich nach der Ausrüstung
befreundeter Videojournalisten richten, denn "es ist
unnötig anstrengend, als System-Einzelkämpfer bei
technischen Problemen allein dazustehen. Deine Fähigkeiten
wachsen auch durch den Erfahrungsaustausch mit Kollegen,
die mit dem gleichen Equipment arbeiten wie Du." (Wegner
2004, 14)
Das Stativ
"Dreh so oft wie möglich vom Stativ, denn Wackelbilder
sind gleich Papas Amateur-Bilder", empfehlen
Voßgätter/Müller
(2003,
110) zur deutlichen Abgrenzung von Video-Amateuren.
Wegner beschreibt das Stativ als eines der wichtigsten
Werkzeuge zur Bildverbesserung, das Videojournalisten
so häufig wie möglich einsetzen sollten (vgl.
Wegner 2004, 45).
Zwar kann das Drehen ohne Stativ durchaus motiviert sein
und die bewegte, wackelige Kamera als Stilelement Authentizität
unterstreichen (vgl.
Buck 1999, 107ff.; Beyer
1999a, 84ff.;
Beyer
1999b, 100ff.), doch eine ungewollt unruhig geführte
Kamera stört meistens beim Betrachten und lenkt den
Zuschauer ab. Da die Augen des Betrachters durch die Bewegung
immer wieder den Bildrand fixieren, wird die Konzentration
auf den Bildinhalt im Zentrum des Bildes gestört. Die
Ablenkung nimmt dabei im gleichen Maße zu, wie sich
die Bewegung am Bildrand verstärkt (vgl.
Kerstan 2000, 71ff.; Zajonc
2003, 97f.).
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Das richtige
Stativsystem muss auf Größe und Gewicht
der Kamera abgestimmt sein. (Foto: Mischel) |
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Stative für Videojournalisten müssen leicht und
stabil sowie für die eingesetzte Kamera richtig dimensioniert
sein. Das gilt auch für den Stativkopf, der einerseits
Schwenks in der Horizontalen und Vertikalen ermöglicht,
andererseits die Funktion eines Gegengewichts für die
Kamera übernimmt. Eine zu schwere Kamera würde
bei einer vertikalen Neigung einfach absacken und nicht – wie
es sein sollte – in die waagerechte Stellung zurückfedern
(vgl. Sturm/Zirbik
1998, 395).
Die Gesamthöhe des Stativs
sollte etwa 1,80 Meter betragen und verstellbar sein (vgl.
Schult 2000b, 356). Einen Kompromiss müssen Videojournalisten
bei Gewicht und Stabilität eingehen, denn DV-Stative
aus dem Amateur-Bereich "verdrehen beim
Schwenken gerne die Beine und
sind auch sonst
eine wackelige Angelegenheit." (Lusznat
2002, 73)
Neben dem stabilen Dreibein-Stativ kann zusätzlich
ein flexibel einsetzbares Einbein-Stativ zur Ausstattung
gehören,
weil es "auch in dynamischen Situationen Stabilität
in der Horizontalen gewährleistet." (Angeli
2003, 83) In extremen Situationen wie Demonstrationen, Tumulten
oder Verfolgungen, "muss sich der VJ immer eine Auflage
für die Kamera suchen. Dies kann ein Autodach, eine
Mülltonne, ein Zaunpfahl oder der abgewinkelte Oberschenkel
sein." (Zajonc
2003, 99)
In solchen Situationen
nutzen einige Videojournalisten ein sog. "Steadybag", ein
kleiner Sack gefüllt mit Kügelchen. Es passt sich
allen möglichen Auflageflächen an, sodass sich
die Kamera darauf stablisieren lässt (vgl.
Wegner 2004, 47).
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Teil »
Mikrofone, Beleuchtung,
Computer und Software.
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